Sie haben viel mit den Vorgängen an der Kasse zu tun, aber - Hand aufs Herz - wie dürfen wir uns Sie als Privatmann an der Kasse vorstellen? Smooth mit digitalisierter Kreditkarte auf dem Smartphone oder als Kleingeldonkel, der es „vielleicht passend hat“?

EP: Viele Menschen würden mich als Digital Native und Mobile Enthusiasten beschreiben. Nicht zuletzt deswegen bin ich - wo es geht - ausschließlich ein Mobile-/contactless-Zahler, meistens mit der Apple Watch.

Wie kam es dazu, dass Sie genau in dieser Branche tätig sind?

EP: Ursprünglich komme ich aus dem Bereich der trockenen Prozesse und der Automatisierung, der die verschiedenen digitalen Welten bekannter Verkaufsplattformen zusammenbringt, indem er Warenwirtschaft, Finanzbuchhaltung und eCommerce integriert. Was viele nicht wissen, ist, dass die GK Software SE, zu der auch RETAIL7 als 100%ige Tochtergesellschaft gehört, in frühen Jahren ebenfalls im Bereich Warenwirtschaft und Finanzbuchhaltung tätig war, bevor man sich auf POS Solutions fokussiert hatte. In diesem Kontext kamen Herr Gläß und ich zusammen, und er holte mich 2008 zu GK. Damals wurde mir die Verantwortung für das Produkt valuephone übertragen, mit dem wir bereits vor über 10 Jahren Mobile Payment & Mobile Couponing bei EDEKA und Netto Marken-Discount eingeführt haben. Das war schon lange vor der Einführung von Apple Pay und Google Pay in Deutschland.

Durch die Integration von valuephone in verschiedene Kassenlösungen, nicht nur in die der GK, "rutschte" ich immer mehr in die Kassenwelt und damit in unterschiedliche – auch internationale – Projekte im Enterprise-Umfeld. Mit den Erfahrungen daraus und da die GK den Bereich "Klein- und Mittelständer" nicht abdeckte, schrieb ich dann bereits 2012 ein Konzept für eine "Cloud-Kasse für klein- und mittelständige Unternehmen". Jedoch galt zu diesem Zeitpunkt mein Interesse primär dem valuephone. 2015/2016 wurde das Thema innerhalb der GK wieder interessant, u.a. durch neue Kollegen, die selbst ähnliche Ideen und ein starkes Engagement mitbrachten und bis heute essenziell beitragen. 2017 fiel dann der Startschuss, und RETAIL7 – damals noch als Projekt innerhalb der GK – wurde auf den Weg gebracht. Die Ausgründung von RETAIL7 erfolgte dann 2019.EP: Die RETAIL7-Lösung wurde auf Basis neuester Technologien, Ideen und Ansätze "from scratch" entwickelt. Das alles in Einfachheit nach außen, aber mit dem Wissen um die enorme Komplexität dahinter funktionieren zu sehen und das Team aufzubauen, ist wahnsinnig cool und definitiv einer der wichtigsten Meilensteine. Die Menschen, die diese Ansätze und Ideen mitgetragen und umgesetzt haben, machen mich in erster Linie besonders stolz.

Welche Erfolge und Meilensteine hat Ihr Unternehmen in den letzten Jahren erreicht, und auf welche Leistungen sind Sie besonders stolz?

Die Leistungsfähigkeit der RETAIL7 Cloud-Plattform wurde mit einem unserer allerersten Kunden, dem FC St. Pauli-Museum in Verbindung mit dessen Weinbar, bestätigt. Hierbei sind die Anforderungen in Bezug auf unterschiedliche parallele Kassierprozesse (Gastro & Retail) sowie die Performance mit bis zu 1.500+ Transaktionen pro Stunde an Liga-Spieltagen hervorzuheben. Ein weiterer Meilenstein war für uns der internationale Startschuss mit der Eröffnung von Filialen unserer Kunden in Südafrika und den Niederlanden. Die nächsten Länder sind bereits in der Umsetzung. Persönlich freue ich mich sehr auf Mexiko.

All das geht nur mit einem großartigen Team und tollen Partnern - wie zum Beispiel der Zahlungswerk.

Wie hat sich die Technologie von Kassensystemen und Zahlungssystemen in den letzten Jahren entwickelt und welche Auswirkungen hatte dies auf Ihr Unternehmen?

EP: Der wesentliche Knackpunkt ist, dass in der Vergangenheit der Fokus darauf lag, ein Problem direkt zu lösen und spezielle technologische Ansätze gewählt wurden, die zu der jeweiligen Herausforderung des jeweiligen Zeitpunktes passten, aber nicht mehr zeitgemäß sind. Wir sind hier einen anderen Weg gegangen und verfolgen Ansätze wie zum Beispiel "AnyCloud", "AnyDevice" und "AnyFormfactor". Dies erfordert von Plattformanbietern wie uns letztendlich die Nutzung von Webtechnologien. Dieser Trend ist auch bei den Zahlungssystemen weltweit zu beobachten.

Wie unterscheiden sich die Anforderungen von kleinen Unternehmen und großen Einzelhändlern in Bezug auf Kassensysteme und Zahlungsabwicklungen?

EP: Minimal. Es muss für den Kunden komfortabel und schnell gehen. Das ist nach wie vor die oberste Prämisse. Für den Händler muss es günstig sein. Unterschiede gibt es primär bei den Anforderungen im nachgelagerten Reporting. Und natürlich haben die Kunden mit steigender Größe immer mehr individuelle Anforderungen, die umzusetzen sind.

Welche neuen Funktionen und Technologien planen Sie in Zukunft in Ihr Kassensystem- und Zahlungssystem-Angebot aufzunehmen? Welche Mehrwerte ergeben sich daraus für die Kunden?

EP: Viel möchten wir natürlich nicht vorab verraten, aber die Themen KI, Customer Experience, Connectivity, Simplicity und die Öffnung der Plattform für Lösungen und Implementierungen von Drittanbietern stehen ganz oben auf der Prioritäten Liste.

Wie wichtig ist es für Sie, eng mit anderen Unternehmen im Bereich Zahlungsabwicklung und Kassensysteme zusammenzuarbeiten? Und wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und ZahlungsWERK?

Die Zusammenarbeit mit Partnern ist für uns essenziell. Nur gemeinsam schaffen wir es, unsere Kunden zufrieden zu machen. Dies zeigt vor allem auch die Zusammenarbeit mit ZahlungsWERK immer wieder eindrucksvoll.

Wie unterscheiden sich die Zahlungslösungen von ZahlungsWERK von anderen Anbietern, und was macht sie besonders geeignet für die Integration mit Ihrem Kassensystem?

EP: Die Zusammenarbeit mit ZahlungsWERK ist für uns sehr wichtig, da sie verstanden haben, dass für Händler das Gesamtpaket stimmen muss - unabhängig davon, ob sie groß oder klein sind. Dazu gehören nicht nur offensichtliche Dinge wie Preisgestaltung, Hardware, Zuverlässigkeit und schnelles Onboarding, sondern auch Service, Berichtswesen und Innovation. Alle wichtigen Aspekte für unsere Kunden müssen Priorität haben, und wir legen großen Wert auf die Zusammenarbeit mit unseren Partnern.

Wie verändert sich die Rolle von Kassensystemen und Zahlungssystemen in der Zukunft und wie bereitet sich Ihr Unternehmen darauf vor? Glauben Sie, dass es in 10-20 Jahren überhaupt noch richtige Kassen gibt, und wenn ja, was muss Ihr Unternehmen tun, um auch dann noch Teil des Checkout- und Bezahlprozesse in physischen Geschäften zu sein?

EP: Natürlich gibt es immer neue Ideen für die Abrechnung einer Transaktion im Retail. Wir sehen das ja bereits heute auch an Konzepten wie dem GK GO Store, wo High- Tech-Sensoren und Regalwaagen zum Einsatz kommen und gar kein Kassierer mehr nötig ist. Oder Konzepten wie den 24/7 Stores mit den Self Checkout Lösungen von RETAIL7, die sowohl hier in Deutschland als auch in Südafrika sehr erfolgreich sind. Natürlich werden wir auch in der (Schnell-) Gastronomie oder im Service immer wieder neue Ideen sehen, die den Betreibern die Prozesse effizienter oder einfacher machen. Aber das Wesentliche wird immer bleiben – irgendwo muss irgendeine Plattform die Berechnung der Transaktion (inkl. Promotion, Gutscheinen, Punkten, etc.) durchführen. Wie die Frontends technologisch in Zukunft aussehen werden, spielt an der Stelle gar keine so große Rolle und ob dafür der Kassierer oder der Kunde tätig wird. Daher glaube ich, dass sowohl Kassenlösungen als auch Zahlungssysteme nach wie vor Ihre Bedeutung haben werden und im Hintergrund funktionieren müssen, damit alle notwendigen Prozessketten gemeinsam funktionieren. Lösungen für den Handel, Service oder die Gastronomie sind gefragter denn je. Wir stellen uns diesen Herausforderungen und freuen uns darauf. Besonders spannend für mich sind Themen wie Augmented Reality, die Stand heute in der Customer Experience noch nicht wirklich angekommen sind.